Mehrvergütung für freihändige Verwertung von Immobilien durch den Insolvenzverwalter

Die vorliegende Entscheidung enthält Klarstellungen zu zwei wesentlichen, vergütungsrelevanten Fragestellungen:

Zunächst positioniert sich der IX. Zivilsenat abschließend zu der Frage, ob der Insolvenzverwalter Im Fall der freihändigen Verwertung einer Immobilie, bei der der Masse ein mit dem Absonderungsberechtigten frei vereinbarter Kostenbeitrag zugutekommt, eine Mehrvergütung entsprechend § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV zuzusprechen ist oder ob sich die Vergütung in einem solchen Fall gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz InsVV (nur) nach der um den erzielten Kostenbeitrag erhöhten Masse berechnet.

Darüber hinaus stellt er klar, dass das im Schrifttum bislang vorherrschende Verständnis der bisherigen Rechtsprechung zur Kappungsgrenze des § 1 Abs. 2 Nr. 1 InsVV (u. a. BGH, Beschluss vom 11.05.2006 – IX ZB 249/04) unzutreffend ist.

Der Senat schließt sich im ersten Teil seiner Entscheidung der ganz überwiegenden Auffassung an und konstatiert grundlegend, „dass vereinbarte Kostenbeiträge im Zusammenhang mit der freihändigen Verwertung von Immobilien nicht nur nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 InsVV als ein der Masse zugutekommender Überschuss der Grundstücksverwertung die Berechnungsgrundlage erhöhen, sondern auch Anknüpfungspunkt einer Mehrvergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV sein können.“ Der Senat greift damit den Umstand auf, dass ‚Kosten der Feststellung‘ i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 InsVV nach dem Wortlaut der Insolvenzordnung nur bei einer Veräußerung beweglicher Gegenstände vorgesehen sind. Nach der strengen Leseart des § 171 InsO wäre ein Mehrvergütungsanspruch im Falle einer freihändigen Grundstücksveräußerung somit bereits dem Grunde nach ausgeschlossen. Dieser – in Teilen der Literatur vertretenen – Auffassung, tritt der Senat nunmehr entgegen und konstatiert, dass der Anwendungsbereich von § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV nicht auf die Fälle gesetzlich geregelter Feststellungskosten beschränkt sein soll und stützt dieses „weite Verständnis“ des Anwendungsbereichs insbesondere auf den systematischen Zusammenhang der Regelung. So sehe § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 InsVV für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage die Berücksichtigung sämtlicher mit Absonderungsrechten belasteter Massegegenstände vor, ohne Unterscheidung zwischen beweglichen und unbeweglichen. Nicht zuletzt deswegen sei es folgerichtig, vereinbarte Kostenbeiträge im Zusammenhang mit der freihändigen Verwertung von Immobiliarvermögen auch als Anknüpfungspunkt einer Mehrvergütung nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 und 2 InsVV zu betrachten.

Dabei muss es sich um einen Beitrag für Feststellungskosten des/der Insolvenzverwalters:in handeln. Dies muss sich aus der Vereinbarung ergeben. Ist bei der Veräußerung einer Immobilie lediglich ein allgemeiner Kostenbeitrag für die Masse vereinbart (d. h. trifft der/die Insolvenzverwalter:in Verwertungsvereinbarungen, die einen Massebeitrag enthalten, der nicht in einen Feststellungs- und einen Verwertungskostenanteil aufgegliedert ist), so soll nach Auffassung des Senats davon ausgegangen werden, „dass sich der Anteil der Feststellungskosten an einem nicht näher definierten Kostenbeitrag im Zweifel auf 4/9 beläuft.“ Der vereinbarte Massebeitrag (9/9) wird in diesen Fällen analog der gesetzlichen Regelung für bewegliche Gegenstände, in einen Feststellungskostenbeitrag (4/9) und einen Verwertungskostenbeitrag (5/9) aufgeteilt.

Die Mehrvergütung ist, was der Senat ausdrücklich zur weiteren Fragestellung betont, zwar Bestandteil der Regelvergütung des § 2 InsVV, auf die sich auch Zu- und Abschläge gem. § 3 InsVV beziehen. Gleichwohl darf diese Kappungsgrenze in Höhe von 50% der Feststellungskosten auch durch Zuschläge nicht überschritten werden, sie ist absolut.

 

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